Philipp Locher, Präsident des Zürcher Kantonal-Curlingverbands, verfolgt mit vollem Engagement weiterhin seinen Traum: Jeder soll Curling spielen.


Lieber Philipp, lass uns am Anfang beginnen: Wie und wann bist du zum Curling gekommen?

Ich war Mitglied im Organisationskomitee unserer lokalen Gewerbeschau. Zwei Kollegen aus dem Komitee nahmen an einem Anfängerkurs des CC Schlieren teil. Da mich Curling schon immer fasziniert hat, habe ich mich kurzerhand dem Kurs angeschlossen. In der ersten Lektion habe ich mir allerdings gleich die Jeans zerrissen – nicht ideal, aber eine bleibende erste Erinnerung! 😅

Auf dem Eis konntest Du einige Turniererfolge feiern, doch Deine Curlingkarriere hat vor allem abseits des Eises deutliche Spuren hinterlassen: Du warst 34 Jahre lang Präsident des CC Schlieren und nach der Fusion des CC Limmattal, darüber hinaus hast Du als Regional- und Zentralpräsident von SWISSCURLING gedient und bist immer noch Präsident des Zürcher Kantonalverbands. Was treibt Dich an?

 Mein Ziel ist es eigentlich, dass wirklich ALLE Curling spielen: ein Sport, der sowohl körperlich als auch gesellschaftlich attraktiv ist, ein Spiel, das auch den zwischenmenschlichen Austausch fördert. Zudem erfüllt es mich mit Freude, mit Jugendlichen zu arbeiten, sie zu unterstützen und zu fördern – nicht nur sportlich. Zusammen mit meiner Frau Evelyne, die über 25 Jahre lang erfolgreich die Anfängerkurse für die Cherry Rocker geleitet hat, konnten wir junge Talente wie Carmen Müller-Schäfer, Janine und Jacqueline Greiner sowie Alina und Claudio Pätz auf ihrem Weg begleiten. Auch Thomas Lips, heute Nationaltrainer bei SWISSCURLING, stammt aus unseren Reihen.

Ich bin nicht der Typ Mensch, der sich auf seinen Lorbeeren ausruht – es muss immer etwas passieren, es muss immer weiter gehen. Mit Floor- oder Streetcurling bringen wir unseren wunderbaren Sport direkt zu den Menschen, um ihn populärer zu machen und neue Mitglieder zu gewinnen. Warum gehen wir auf die Strasse? Weil die Hemmschwelle, eine Curlinghalle zu betreten, immer noch sehr hoch ist. Wir beteiligen uns auch an verschiedenen polysportiven Kids Camps, um Junioren zu gewinnen und auch deren Eltern für unseren Sport zu begeistern. Es gibt so viele Möglichkeiten – wir müssen uns nur bewegen!

Nach vielen Jahren der Juniorenförderung widmest Du Dich nun mehr den älteren Spielern und setzt Dich für eine neue Art des Curlingsports mit dem Stick ein. Wie kam es dazu?

Ja, das ist eine weitere Herzensangelegenheit von mir, und ich sehe darin grosses Potenzial. Curler, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, können durch den Einsatz des Sticks unserem Sport treu bleiben. Es ist deshalb wichtig, den Stick in den Curlingclubs attraktiv zu machen. Leider gibt es derzeit noch viele Curlerinnen und Curler, die sich gegen den Stick sträuben und mit dem Curling aufhören. Das darf nicht passieren!

Glaubst Du auch, dass man neue Curlerinnen und Curler gewinnen kann, die nur mit dem Stick spielen?

Oh ja, das ist eine grosse und spannende Möglichkeit, um freie Zeiten in den Curlinghallen zu nutzen. In Kanada gibt es bereits Ligen, Turniere und Trainingsangebote für Stick-Curling. Pro Senectute bietet verschiedene Sportkurse an – warum also nicht auch Stick-Curling, das selbst mit eingeschränkter Beweglichkeit gespielt werden kann? Auch lokale Seniorenclubs sind ein Zielsegment, das angesprochen werden sollte. Ein Probelauf ist im Limmattal geplant und wird voraussichtlich in dieser Saison stattfinden. Ich denke, dass es in Zukunft sogar exklusive Turniere nur für Stick-Curling geben wird!

Wie kann man Stick-Curling bekannter machen und das Interesse daran wecken?

Das ist keine einfache Aufgabe. Wir haben ein Video erstellt, das wir verbreiten, und unsere Flyer zeigen jetzt beide Arten der Steinabgabe. Mundpropaganda spielt dabei ebenfalls eine entscheidende Rolle. Wichtig ist es jedoch, dass in jeder Halle Sticks zur Verfügung stehen und bei Plauschcurlingevents weniger sportliche Teilnehmer ermutigt werden, mit dem Stick aktiv mitzuspielen, anstatt nur zuzuschauen.

Sollten wir uns in fünf Jahren erneut unterhalten: In welcher Funktion werden wir Dich dann erleben?

Ich hoffe, dass bis dahin in allen Clubs das Feuer für den Curlingsport noch stärker brennt und Curling sich besser «verkaufen» kann. Es gibt viele junge Sportler in unseren Reihen, die genauso denken, wie ich und neue Ideen entwickeln. Ich selbst möchte dann vor allem Curling spielen – wahrscheinlich eher mit dem Stick – und dabei weiterhin Freude am Spiel haben.

Philipp Locher im Jahr 1985 als aktiver Curler.

 

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