Voller Zuversicht: Michael Stäuble, OK-Präsident der Männer Curling Weltmeisterschaft 2024 in Schaffhausen (© Michael Kessler) 


Seine Stimme hallte jahrzehntelang durch die Schweizer Stuben. Als Sportjournalist erlebte er 14 (!) Olympische Spiele. Dabei dürfte der Kultspruch «Flieg, Simi fliiieg!» den meisten Sportfans noch heute ein Begriff sein. Von Ski Alpin über Dressurreiten bis hin zu Darts: Fast keiner kommentierte so viele Sportarten wie er. Die meisten Einsätze gab’s im Skispringen und in der Formel 1. Über 400 Rennen hat er in seiner 33-jährigen Laufbahn beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) kommentiert. Nun amtet Michael Stäuble nach seiner Pensionierung als OK-Präsident der Männer Curling Weltmeisterschaft 2024 in Schaffhausen. Ein Interview über Stäubles Bezug zu Curling, WM-Updates und einen überraschenden Sieg gegen Silvana Tirinzoni.


Lieber Michael, du warst 33 Jahre lang Sportjournalist und eine der bekanntesten SRF-Stimmen. Jetzt organisierst du gemeinsam mit deinen OK-Kollegen eine Curling Weltmeisterschaft, wie kam es dazu?


Ich wurde bereits für die Frauen-WM im Jahr 2021 angefragt, ob ich die Medienarbeit übernehmen wolle. Leider musste ich absagen, weil genau in dieser Woche das Formel 1 Auftaktrennen in Australien stattgefunden hätte und ich ohnehin die ganze Woche abwesend gewesen wäre. Allerdings leistete ich für die Curling-WM punktuelle Einsätze
, wie z.B. die Pressekonferenz mit dem OK und Silvana Tirinzoni. Nachdem die Curling-WM pandemiebedingt abgesagt wurde, hat mich das OK erneut angefragt. Ich ging zunächst davon aus, dass sie mich wieder als Medienbeauftragten einspannen wollen. Als es dann hiess, ich solle Präsident werden, musste ich zuerst einmal schlucken, weil ich zuvor noch nie etwas dieser Art gemacht habe. Nach kurzer Bedenkzeit entschloss ich mich dazu, dieses Amt anzunehmen – nicht zuletzt auch wegen des grossartigen OK rund um Ueli Jäger, Marco Gabrieli und Beni Rufer, die bereits beste Vorarbeit leisteten.       

 

Durch deinen Beruf hast du verschiedenste Orte und Sportarten kennengelernt. Wann bist du beruflich das erste Mal mit Curling in Kontakt gekommen?

Das war an der Curling Weltmeisterschaft im Jahr 1993 in Genf. Ich fing gerade frisch an, beim Fernsehen zu kommentieren und hatte das Glück, mit Markus «Kusi» Eggler einen jungen Weltmeister an meiner Seite zu haben. Er war mein Co-Kommentator und es hat bestens harmoniert! Etwas später war dann noch die Europameisterschaft in Leukerbad. Dort wurde ich von einem gewissen Andreas Schwaller assistiert, der damals noch Ersatzspieler im Schweizer Team war und in den darauffolgenden Jahren eine beeindruckende Karriere hinlegte.

 

Wie bist du selbst zu deiner Curling-Premiere gekommen?

Das war im Jahr 1991. Ich spielte auf der 1er-Position im Team von Claude Stettler. Ich erinnere mich an eines der ersten Spiele gegen ein deutsches Team. Ich war vom hohen Niveau des gegnerischen Teams sichtlich verblüfft, weil sie uns taktisch und spielerisch stark überlegen waren. Beim Rink-Apéro stellte sich dann heraus, dass es sich um die amtierenden Europameister rund um das Team von Andy Kapp handelte, den ich damals noch gar nicht kannte. Mittlerweile bin ich seit 32 Jahren Mitglied bei Curling Schaffhausen.

 

Du bist als Spieler weiterhin ambitioniert unterwegs. An der letzten Veteranen-SM gab es für dein Team sogar Edelmetall.


Auch das ist eine lustige Geschichte, wie sie nur der Curlingsport schreibt. Erst mit dem letzten Stein qualifizierte sich unser Team für die Finalrunde der letzten 12. Dort hatten wir einen regelrechten Lauf, es gelang uns fast alles und plötzlich wurde uns die Silbermedaille um den Hals gehängt. Mit dem erfolgreichen Ausgang haben wir nicht gerechnet.

 

Was fasziniert dich an Curling?

Curling ist eine wundervolle Teamsportart, das finde ich grossartig! Jedes Teammitglied hat seine Aufgaben, egal ob Wischer oder Skip. Ein weiterer Punkt ist selbstverständlich auch der Spirit of Curling und der freundschaftliche Umgang. Für mich war und ist Curling eine super Lebensschule.

 

Du hast während deiner beruflichen Laufbahn zahlreiche Sportarten kommentiert, darunter Formel 1, Skispringen und Curling. Welche Momente sind dir in Bezug auf Curling besonders in Erinnerung geblieben?


Ein besonderes Highlight waren die Olympischen Spiele 1998 in Nagano, wo Curling offiziell olympisch wurde. Ich durfte das Halbfinale der Schweiz (Skip Patrick Hürlimann) gegen Norwegen (Skip Eigil Ramsfjell) kommentieren, wobei es zu erwähnen gilt, dass die Partie an Dramatik nicht zu übertreffen war. Erst mit dem letzten norwegischen Stein wurde das Spiel zu Gunsten der Schweiz entschieden. Man sah bereits von weitem, dass Ramsfjell den Stein «viiiiel» zu kurz spielte, worauf ich energisch ins Mikrofon jubelte: «Die Schweiz steht im Finale, juhuuu!» Daraufhin meldete sich die Regie auf meinem Ohr und schimpfte mit mir, weil der Stein noch gar nicht zum Stillstand kam. Glücklicherweise war er dann aber tatsächlich zu kurz und die Schweiz qualifizierte sich fürs Finale und holte später gar den Sieg. Es war enorm aufregend. Beim anschliessenden Interview zitterte meine ganze Hand, das werde ich nie vergessen. 

Ein weiteres persönliches Highlight ereignete sich 4 Jahre später an der Schaffhauser Trophy. Unser Team hatte sich gerade frisch zusammengesetzt, was uns aber nicht davon abhielt, uns für das Finalspiel zu qualifizieren. Dort trafen wir auf Silvana Tirinzoni und ihr Juniorinnen-Weltmeisterteam. Völlig überraschend haben wir es tatsächlich geschafft, das Finalspiel als Amateurteam  ohne einheitliche Kleidung  zu gewinnen. Einige Jahre später, an den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang, sprach ich Silvana darauf an. Sie konnte sich tatsächlich noch daran erinnern und meinte, sie hätte diese Niederlage nur schwer akzeptieren können und sich selbst gesagt, dass sie nun unbedingt mehr trainieren müsse.

 

Du hast dein 1. Curlingspiel als Kommentator angesprochen. Welches war dein letztes?

Das müssten die Finalspiele der Elite Schweizermeisterschaften 2021 in Arlesheim gewesen sein. Dort durfte ich gemeinsam mit Carmen Müller-Schäfer ein letztes Mal kommentieren.

 

Zurzeit gleiten in den Curlinghallen wenig bis keine Steine übers Eis. Wie präsent ist Curling bei dir im Moment?

Sehr präsent! Besonders erfreulich ist der sehr gut laufende Ticketverkauf für die WM. Ende Mai hatten wir ausserdem mit World Curling einen allgemeinen Site-Check. In dieser eintägigen Sitzung kamen verschiedene Themen und Ideen hinsichtlich der Organisation zur Sprache. Das Hauptaugenmerk wurde auf das Broadcasting, also auf die TV-Übertragung, gelegt.    

Wie ist der aktuelle Stand der WM-Vorbereitungen?

Sehr gut, die soeben erwähnte Sitzung hat uns nochmals signalisiert, dass wir voll im Fahrplan sind. Demnächst sollte das Helfertool auf Swiss Volunteers aufgehen. Aufgrund der Bedarfsabklärung wurde die Publikation leicht nach hinten verschoben.   

 

Was wünschst du dir persönlich für die WM?

Da fallen mir spontan zwei konkrete Wünsche ein. Das Allerwichtigste ist unsere Rolle als Gastgeber. Ich wünsche mir, dass alle Teams zufrieden sind und die Stadt Schaffhausen positiv in Erinnerung behalten wird. Dazu gehört «eine volle Hütte», gute Stimmung und viele Gänsehaut-Momente, während die Schweizer Equipe hoffentlich ihre beste Leistung abrufen kann.

 

Auf was dürfen sich die Fans freuen?

Wie schon angetönt hoffen wir auf eine elektrisierende Stimmung an allen Wettkampftagen. Wichtig ist uns auch, dass wir insbesondere den Zuschauerinnen und Zuschauern vor Ort ein Erlebnis bieten können. Wir arbeiten an interessanten interaktiven Projekten und sind gespannt, ob sie sich schlussendlich auch umsetzen lassen.

 

Wen schlägst du als nächsten Interviewpartner vor?


Ueli Jäger! Als OK-Mitglied und Geschäftsführer des KSS Freizeitparks in Schaffhausen wird er euch mit Sicherheit ein paar spannende Einblicke geben.

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