Tradition oder Evolution? Festhalten an Bewährtem oder Platzmachen für Veränderung? An der Frage «8 Ends oder 10 Ends?» scheiden sich die Geister – zumindest auf «Curling-politischer» Ebene.

Die World Curling Federation (WCF) hat an ihrer diesjährigen Hauptversammlung in Cancún (MEX) gemacht, was man von ihr erwarten durfte: Sie hat entschieden, nicht zu entscheiden.

Zuerst wird nun in einem mindestens einjährigen (und nicht ganz günstigen) Projekt evaluiert und eruiert, wie die Spieldauer den Ausgang von Curling-Partien tatsächlich beeinflusst; sämtliche Aspekte sollen dabei beleuchtet werden. Eine für die hauptsächlich Betroffenen (, die Spieler nämlich) längst klare Entscheidung, wird also «verwissenschaftlicht», um in dieser Thematik endlich den Schritt in die Zukunft zu schaffen.

8 Ends sind die Zukunft! Aus sportlicher Sicht gibt es – vor allem auch seit der Einführung der 5-Rock-Free-Guard-Regel – keinen Grund mehr, an 10 Ends festzuhalten. Der immer wieder ins Feld geführte «Vorteil», dass vermeintlich «schwächere» Teams über 8 Ends gegenüber «stärker» eingestuften Mannschaften eher eine Chance haben, ist überholt: Die Qualität der heutigen Topteams und vor allem auch die Konsistenz der Eisbedingungen (gutes Steinmaterial, gute Eisbedingungen), lassen auch an World Curling Tour-Turnieren nur äusserst selten «Überraschungssieger» zu.

Natürlich würden 10 Ends einem vermeintlich «stärker» eingestuften Team noch mehr in die Karten spielen, aber das Selbstverständnis von Topteams wird es sein, auch über die «kürzere Distanz» von 8 Ends ihre nationalen und lokalen Gegner (Opfer?) weiterhin im Zaun zu halten. Der Vorteil des letzten Steins im ersten End wird noch zentraler – aber auch das darf ein Top-Team nicht beunruhigen; zumal dies ein Faktor ist, den sie weitgehend selbst beeinflussen können.

Die einzigen «Gründe», die gegen eine Veränderung sprechen, sind im diffusen Umfeld von «Angst vor Machtverlust und Einfluss» der «alten» Curling-Machtzentren (Schottland, Kanada, USA) und in finanziellen Aspekten zu finden. Selbstverständlich sind bereits bestehende Verträge mit Werbepartnern, TV-Stationen und vor allem gegenüber dem IOC einzuhalten – vor den nächsten Olympischen Winterspielen 2022 wird und kann keine Veränderung erfolgen.

Nach 2022 aber, mit dem Anbruch der nächsten Olympiade, ist die Zeit endlich reif, den Schritt weg von 10 Ends hin zum kürzeren 8 End-Format zu vollziehen. Eine Verlängerung der Pausen zwischen den Ends um weitere 30 Sekunden (damit die wichtigen ersten Steine aller Leads ohne substanzielle Veränderung der Werbesekunden sicher weiterhin gezeigt werden können J), kann die finanziellen «Verluste» entkräften.

Viele (wenn nicht alle) Topspieler haben nie verstanden, weshalb die Veränderung der komplett überholten Zeitregelung an internationalen Anlässen (fixe Zeit gegenüber «Thinking Time») so lange gedauert hat. Derselbe bemühend langsame Prozess ist bezüglich der Länge der Curlingspiele noch immer im Gange.

Ich jedenfalls freue mich auf die ersten Weltmeisterschaften über 8 Ends – hoffentlich und endlich – im Frühjahr 2022. Denn, um es mit Heraklit zu sagen: «Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.» Oder wie ich es zu sagen pflege: Evolution ist Anpassung!

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